Neonazi-Konzert in Pegau war als private Geburtstagsfeier getarnt
Wo sonst in Pegau Familienfeiern stattfinden, sollte am Samstag ein Rechtsrock-Konzert über die Bühne gehen. Beim Sportverein war das Ereignis als harmlose Geburtstagsfeier angemeldet. Die Polizei schritt ein.
Für ein paar Stunden herrschte am Samstagabend in Pegau Ausnahmezustand. Ein Großaufgebot von Polizei und Sicherheitskräften war angerückt, um eine Veranstaltung auf der Sportanlage „Große Reitbahn“ zu unterbinden.
Das Gelände liegt abseits jeglicher Bebauung am Ortseingang von Pegau aus Richtung Groitzsch. Die Polizei habe auf dienstlichem Wege Hinweise auf die Veranstaltung erhalten, wie Polizeisprecherin Sandra Freitag am Dienstag gegenüber LVZ erklärte. Demnach sollten die Gruppen „Spreegeschwader“ und „F.I.E.L.“ auftreten, zwei bekannte Rechtsrock-Bands. Gegen 19.30 Uhr trafen die Beamten in Pegau ein und löste mit Unterstützung der Bereitschaftspolizei das Treffen auf. Mehr als 110 Teilnehmer erhielten Platzverweise. Zwei Ermittlungsverfahren – unter anderem wegen des Verwendens von Kennzeichen verfassungswidriger Organisationen – wurden laut Polizei eingeleitet. Vor Ort seien unter anderem Feuerzeuge und Flaschenöffner mit Hakenkreuzen und SS-Runen sowie T-Shirts mit rechtsextremen Bezügen sichergestellt worden.
Vereinschef des TuS Pegau äußert sich
Anzeichen, dass etwas nicht stimmen könne, habe es im Vorfeld nicht gegeben. Das beteuert Helfried Krause, Vorsitzender des Sportvereins TuS Pegau, auf LVZ-Anfrage. Der Verein ist Betreiber der Anlage, zu der unter anderem ein Fußballplatz und das sogenannte Sporthaus mit Veranstaltungsräumen gehören. Er sei am Abend von der Polizei informiert worden und umgehend zur Reitbahn geeilt, so Krause. „Dort waren nach meinen Schätzungen 60 Polizisten und zehn Einsatzwagen vor Ort.“ Im Sporthaus, das auch einen Gastraum beherbergt, finden normalerweise Familienfeiern, Klassentreffen oder Vereinssitzungen statt.
Auch am 4. November stand ein vermeintlich harmloser Termin an. „An diesem Abend hatten wir das Objekt an einen Geschäftspartner unseres Vereins vermietet“, berichtet Krause weiter. Dieser habe gegenüber dem TuS eine private Geburtstagsfeier angekündigt. „Dass wir die Räume auch an andere vermieten, ist nichts Außergewöhnliches. Meistens kennen wir die Leute ja und es gibt keinerlei Probleme. Dass die Feier am Samstag aber derart ausgeartet ist, konnte niemand ahnen.“ Das Sporthaus sei „zweckentfremdet genutzt“ worden.
Noch am Wochenende hatte sich der Verein öffentlich von der Veranstaltung distanziert. Man werde alles tun, die Vorwürfe in Zusammenarbeit mit der Polizei aufzuklären.
Pegauer Bürgermeister nimmt Verein in Schutz
Der Pegauer Bürgermeister Frank Rösel (parteilos) berichtet, dass der Verein in eigener Verantwortung über das Objekt verfüge. „Die Sportanlage ist in kommunaler Hand, wir haben aber mit dem TuS Pegau seit dem Jahr 2014 einen Nutzungsvertrag abgeschlossen.“
Das Stadtoberhaupt selbst habe erst am Sonntag Kenntnis von den Vorfällen erlangt. Auch das Ordnungsamt sei im Vorfeld nicht im Bilde gewesen. Rösel ist wichtig, sich ebenfalls klar abzugrenzen: „Die Stadt Pegau und der Verein stehen für Toleranz und ein friedliches Miteinander. Wir werden so etwas nicht bei uns dulden.“
Inwieweit man Lehren ziehen müsse, um ähnliche Veranstaltungen für die Zukunft auszuschließen, müsse man sehen. „Gegebenenfalls werden wir uns dazu mit den Ermittlungsbehörden verständigen“, erklärt der Stadtchef. Dem Verein sei aus seiner Sicht jedenfalls kein Vorwurf zu machen: „Im Sporthaus läuft sonst immer alles sehr friedlich ab.“
Pegauer Verein zieht erste Konsequenzen
Der Vereinschef seinerseits hat erste Konsequenzen gezogen: „Wir haben die Geschäftsbeziehungen zu dem Betreffenden abgebrochen.“ Ob Teilnehmer auch aus anderen Bundesländer angereist waren, ließ die Polizei auf Nachfrage offen. Auch Fragen zur Identität des Veranstalters wurden mit Verweis auf die laufenden Ermittlungen nicht beantwortet.
Keine Vorkommnisse bei Konzert in Elstertrebnitz
Im Rahmen des Einsatzes seien die Beamten auf Grund von Flyern auf eine Musikveranstaltung im benachbarten Elstertrebnitz aufmerksam geworden, die am gleichen Abend in einem Gasthof stattfand. Die Überprüfungen dort hätten jedoch „keinerlei Beanstandungen ergeben“.
Letzteres bestätigt auch der Elstertrebnitzer Bürgermeister David Zühle (CDU): „Die Veranstaltung im Gasthof Greitschütz war bekannt und genehmigt. Auf einen Hinweis hin und im Rahmen der Gefahrenabwehr ist die Bereitschaftspolizei am Samstag von der Einsatzstelle in Pegau nach Elstertrebnitz in den Gasthof Greitschütz mit einer sehr großen Anzahl von Einsatzkräften gefahren. Auch wenn die Anfangsminuten sehr angespannt waren, muss positiv erwähnt werden, dass durch das umsichtige, vorbildliche und sensible Verhalten des Veranstalters und des Einsatzleiters der Bereitschaftspolizei vor Ort eine Eskalation verhindert werden konnte.“